Pawel | AlthamerMichael | AsherNairy | BaghramianGuy | Ben-NerGuillaume | BijlMartin | BoyceJeremy Deller | Michael | Elmgreen und Ingar DragsetHans-Peter | FeldmannDora |
GarciaIsa | GenzkenDominique | Gonzalez-FoersterTue | GreenfortDavid | HammonsValérie | JouveMike | KelleySuchan Kinoshita | Marko | LehankaGustav | MetzgerEva | Meyer und Eran SchaerfDeimantas | NarkeviciusBruce | NaumanMaria |
PaskManfred | PerniceSusan | PhilipszMartha | RoslerThomas | SchütteAndreas | SiekmannRosemarie | TrockelSilke | WagnerMark | WallingerClemens von Wedemeyer | Annette | WehrmannPae
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Jeremy Deller konzentriert sich auf das Ich und seine Interessen. Interessen werden organisiert, wenn mehrere Personen sie teilen. In Vereinen, Gewerkschaften, Parteien, unter Umständen auch in Laienspielgruppen oder Kleingartenvereinen. Jeremy Deller malt keine Bilder, er inszeniert sie, zum Beispiel indem er Re-enactment-Helden auffordert, die blutigen Schlachten der Minenstreiks in England historisch korrekt nachzustellen, um sie auf Video aufzunehmen. Sein Erfolg als Künstler ist immer auch der Erfolg der Menschen, mit denen er zusammenarbeitet. In Münster sind ihm die Kleingartenvereine aufgefallen. Für einen Engländer müssen Schrebergärten ausgesprochen „deutsch“ wirken. Der Künstler widmet sich in seinem Projekt für skulptur projekte münster 07 nicht nur der Kleingartengeschichte, sondern auch den Kleingärtnergeschichten: er verteilt an alle 54 Kleingartenvereine in Münster ein großformatiges, ledergebundenes Buch, das die Schrebergärtner als Tagebuch für einen Zeitraum von zehn Jahren nutzen sollen. Dellers Interesse an Menschen, an den geselligen Formen des Zusammenseins, erlauben dem Betrachter einen leichten Zugang zu seiner Arbeit. So hält Jeremy Deller auch ein Andenken für die Besucher bereit, ein von ihm gestaltetes Tütchen mit Saatgut für einen Taschentuchbaum. Wer es jetzt aussät, muss auf die nächsten Skulptur Projekte im Jahr 2017 warten – denn so lange wird es dauern, bis der Taschentuchbaum (ein in China beheimateter Laubbaum mit weißen Blüten) in voller Blüte steht.
Seit Mitte der 1990er Jahre agiert Jeremy Deller in der Rolle des Mediators, Kurators, Regisseurs, Herausgebers. Er initiiert auf diese Weise eine Reihe künstlerischer Projekte und Kollaborationen, die es ihm ermöglichen, sich auf sehr spezifische Art und Weise mit historischen, sozialen und geografischen Thematiken auseinanderzusetzen. Dabei interessieren Deller vor allem Aktivitäten am Rande des Mainstreams. Seine Arbeiten kreisen weitgehend um die Geschichte und kulturelle Identität Großbritanniens in den späten 1980er Jahren. Durch die Rekontextualisierung jüngster Geschichte gelingt es Deller, neue Perspektiven auf bereits etablierte Sichtweisen zu erzeugen. Er bedient sich journalistischer und kulturwissenschaftlicher Methoden, recherchiert, führt Interviews, analysiert. Dellers künstlerische Praxis, der performative und partizipative Ansatz seiner Arbeit, verorten das Werk des Künstlers im Bereich des Öffentlichen. Durch subversive Eingriffe wie Flugzettelaktionen, den Einsatz von Schildern und Plakaten, manipulierte Veranstaltungen oder inszenierte Demonstrationen sollen unterschiedliche kulturelle Traditionen, soziale Gruppen entsprechend ihrer eigenen Logik zusammengebracht werden.
Mit der 2001 entstandenen Arbeit "The Battle of Orgreave" gelingt Deller der internationale Durchbruch. Ausgangspunkt dieser Arbeit ist der legendäre Bergarbeiterstreik von 1984/85, der sich zum Machtkampf zwischen den Gewerkschaften und der britischen Regierung entwickelte. Jeremy Deller ließ dieses Schlüsselereignis des Thatcherismus von ehemaligen Bergarbeitern und Laiendarstellern nachspielen. Damit bediente sich Deller der Methode des Re-Enactment, der in England sehr populären Tradition des Nachstellens von historischen Ereignissen. 2004 wird dem britischen Künstler für sein Werk "Memory Bucket" der renommierte Turnerpreis verliehen. In diesem filmischen Tagebuch dokumentierte Deller seine Reise durch Texas. Sie führte von Waco, wo 1993 mehr als 80 Mitglieder der als terroristisch eingestuften Davidianer-Sekte nach wochenlanger Polizeibelagerung unter noch nicht ganz geklärten Umständen starben, bis nach Crawford, Heimatstadt des amerikanischen Präsidenten George W. Bush.